Finale, Fazit und Fakten

Weilheim i. OB, 15.12.2009: Meine Reise mit der "gute Seemannschaft" ist nun endgültig vorbei, seit 3 Tagen bin ich wieder in Deutschland.

Die "gute Seemannschaft" ist verkauft und befindet sich nun zur Überarbeitung an Land. Neuer Eigentümer und Captain ist nun mein Freund John, die "gute Seemannschaft" segelt künftig unter griechischer Flagge. Und sie ist offiziell nun nicht mehr als Segelboot registriert, sondern als Fischereifahrzeug für offene Gewässer. Das hat etwas mit irgendwelchen griechischen Paragraphen zu tun.

 

Die "gute Seemannschaft" wird in Heraklion aus dem Wasser gehoben

 

Holzstützen werden angepasst                   Wir reinigen den Rumpf von Bewuchs

Hoch, trocken und sicher: Hier bleibt die "gute Seemannschaft" die nächsten Monate

 

Ende meiner Segelreise: Ich hole die Nationale ein, die Bayerische und den Stander

John ist stolz: Die "gute Seemannschaft" trägt nun die griechische Nationale

Ein Wiedersehen?: Mir geht es mit dem Bootsverkauf mittlerweile überwiegend gut. Ich hatte mich bei meiner Entscheidung zu Verkaufen nur von der Vernunft leiten lassen und nicht auf die Stimme meines Herzens geachtet. Daher schmerzt es mich immer wieder mal, meinen Stolz der Meere nun nicht mehr zu besitzen, doch bin ich zuversichtlich, das Boot in Zukunft wiederzusehen. Denn zwischen John und mir hat sich in den vergangenen fünf gemeinsamen Wochen eine Freundschaft entwickelt, die wir pflegen wollen. Wir haben daher beschlossen, nächstes Jahr gemeinsam segeln zu gehen. Mit der "gute Seemannschaft" natürlich, die bis dahin aber wahrscheinlich einen neuen griechischen Namen tragen wird. Insgesamt ist das eine gute Lösung für alle: John hat endlich ein eigenes Segelboot, das Segelboot hat mit John jemanden, der sich ganzjährig um sein Wohlbefinden kümmert und ich kann in meinen Urlauben beide wiedersehen.

 

Bordabend: Skipper, Xenia, John...             ...Johns Mutter, Tochter und Sascha

 

Zum erstenmal im Leben auf der Nachbarinsel Dia: Johns Mutter, Frau und Tochter

Freunde auf Kreta: Im August hatte ich auf Kreta nicht das Gefühl, die Insel noch recht oft besuchen zu wollen. Das lag vermutlich an den vielen Touristen um diese Jahreszeit. Und daran, dass es mir mehr Freude bereitet, zwischen kleinen Inseln zu segeln als mich an einer grossen Landmasse entlangzukämpfen. Nach meinem intensiven Kretaaufenthalt im Herbst sehe ich die Insel in anderem Licht und freue mich schon sehr, im nächsten Urlaub nach Kreta zurückzukommen. Dies liegt nicht daran, dass sich meine Einschätzung zum Segelrevier geändert hätte, sondern ich freue mich darauf Johns Family wieder zu sehen. Und seine und nun auch meine Freunde. Z.B. Aspa, die mir bei Nacht die schönsten Plätze Heraklions zeigte. Oder Pandelis, den ultramarathonlaufenden Buchhändler. Oder Spiros, der Marathonläufe organisiert und in dessen Auftrag ich einen Sonntag lang mit Warnweste und Kelle versehen den Strassenverkehr an einer Hauptkreuzung Heraklions regelte, damit die Läufer ungehindert passieren können. Und natürlich meinen Hafennachbarn Stavros, ehemals Gastronom zu Trier und nun Eigner einer schönen Segelyacht zu Heraklion, der mir vieles über kretische Sitten, aber auch über griechische Misswirtschaft erzählte. 

 

Aspa "the Boss"                                         Pandelis (re.) und sein Sohn Iannis (li.)

 

John friert nie!                                            Stavros mit seiner SY Alithia ("Wahrheit")

 

Oktoberfesttauglich: Xenia mit Filzhut.        Abschiedsessen: Xenia kocht für mich

 

Letzter Abend in Johns Haus.

Nochmal reisen? Ich bin sehr zufrieden mit dem Ende meiner Reise. Und vor allem auch mit der Reise selbst. Ich bin froh mich für die Auszeit entschieden zu haben und würde die Reise wieder machen, wenn ich nochmal in der gleichen Situation wäre. Ich habe mich die ganze Zeit über sehr wohl gefühlt (bis auf ein paar Nächte in denen ich verwünschte, jemals auf ein Boot gestiegen zu sein) und habe meinen Entschluss keinen Tag bereut. Auf dem Boot hatte ich mich sehr schnell eingelebt.

Fazit: Folgende Erkenntnisse habe ich von meiner Reise mitgenommen:

  • Bewegung tut dem Körper gut.
  • Kommt man im Winter zurück, frieren die Finger.
  • Nicht jede/r findet das Leben an Bord auf Dauer gleichermassen amüsant und komfortabel. 
  • Aber jedem wachsen Seebeine. Das beginnt ab dem ersten Tag. Manche Seebeine wachsen sehr schnell. Manche werden sehr kräftig.
  • Mit Geldreserve losfahren gibt Sicherheit.
  • Sparen kann man am Komfort: Öfter mal ne Ankerbucht statt teurer Marina.
  • Das Boot hat seine Sache sehr gut gemacht.
  • Grösser als 31 Fuss muss ein Boot nicht sein. Darfs aber.
  • Es ist nicht selbstverständlich, dass Boot und Crew eine solche Reise ohne nennenswerte Schäden absolvieren.
  • Vorfreude ist wirklich was Schönes.
  • Mit zu detaillierter Routenplanung bestraft man sich an vielen Tagen selbst. Besser wenig planen und vor Ort nach Lust, Laune und vor allem Wind und Wetter entscheiden. Auch wenns dann schwieriger wird, Mitsegler an bestimmten Orten aufzulesen.
  • Mein bevorzugtes Segelland heisst Griechenland.
  • In Griechenland gefallen mir besonders die ionischen Inseln um Levkas, die nördlichen Sporaden und ein schöner zweiwöchiger Meltemiritt von Psara nach Chalki in den Dodekanes.
  • Die Natur ist ungerecht: Griechenland hat all die kleinen und sicheren Ankerbuchten mit netten Stränden bekommen. Frankreich und vor allem Italien können davon nur träumen.
  • Dafür gibts in Italien hervorragendes Essen.
  • Griechische Sprache schwere Sprache. Italienisch ist leichter. 
  • Eine Auszeit passt zeitlich eigentlich nie. Weder privat noch beruflich.
  • Überhaupt gibt es viel mehr Gründe gegen eine Auszeit als Gründe dafür.
  • Wartet man auf eine günstige Gelegenheit eine Auszeit zu nehmen wirds wahrscheinlich nie was.
  • Eine Auszeit hat man nur dann, wenn man will. Das Wollen muss grösser sein als die Hindernisse.
  • Mein Arbeitgeber machte meine Auszeit mit. Ich rechne den wohlwollend gesinnten Entscheidungsträgern in der Firma ihre Unterstützung hoch an. 
  • An manchen Tagen bereue ich, dass ich meine Atlantikpläne sehr früh ad acta gelegt habe. Vernünftiger wars aber natürlich so. Vielleicht hole ich meine Atlantikfahrt eines Tages nach.
  • Es ist schön, unterwegs von Freunden aus der Heimat besucht zu werden.
  • Zu zweit reisen ist viel besser als alleine. 
  • Die beliebtesten Kojen an Bord waren die beiden Salonbänke, und nicht etwa die Kojen in den beiden dafür gedachten Schlafkabinen.
  • In der Ferne erkennt man den Wert der Heimat (und der Freunde, und der Arbeit, und den Wert eines funktionierenden Staates...).
  • Es gibt jeden Tag Wetter. Es gibt auch jeden Tag Wetterbericht. Manchmal stimmt beides zusammen.

Zahlen, Daten und Fakten zur Reise 2009:

  • Reisedauer: April - Dezember 2009.
  • besuchte Länder: Deutschland, Frankreich, Italien, Griechenland, Malta.
  • Gefahrene Strecke 2009: 4360 Seemeilen Salzwasser und 900 km Süsswasser.
  • Etwa die Hälfte der Salzwasserstrecke segelten wir, die andere Hälfte mussten wir motoren.
  • Insgesamt segelten 17 Freunde/innen mit. Jutta hielt es mit über 5 Monaten am längsten aus, Sascha blieb fast 4 Monate. Die meisten blieben ein bis zwei Wochen.
  • Höchste erreichte Geschwindigkeit unter Segeln: 10,6 Knoten (ca. 19 km/h) am 2. Oktober auf der Fahrt von Sizilien nach Kalabrien.
  • Stärkster Wind: 9 Beaufort (St. Tropez im April, Insel Karpathos im August, Kreta im November).
  • Teuerste Häfen: Milazzo auf Sizilien und Olympic Marina in Griechenland (je 50 Euro pro Nacht).
  • Besuchte Inseln: 57 (davon griechische Inseln: 50).
  • Längste Nonstop-Strecke: 250 Seemeilen (Paxos nach Sizilien).
  • Der Suzuki-Aussenborder lief im ganzen Jahr nur ca. 3 Stunden. Entspricht ca. 3 Liter Kraftstoffverbrauch. 
  • Der Kubota-Diesel brauchte rund 850 Liter Treibstoff. Entspricht ca. 550 Betriebsstunden.
  • Drei Lieder lernte ich auf dem Bordakkordeon: "My Bonny" und "Fahr mich in die Ferne...". Das dritte weiss ich nicht mehr.

 

12.12.09: Abflug aus Heraklion                  13.12.09: Wieder zurück am Riegsee

 

gute Seemannschaft © 2009

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