Juli 2009

30.06.-10.07.2009: Die sporadischen Inseln laden uns zu sehr langsamer Gangart ein. Denn die Inseln bieten sehr viele schoene Buchten, Straende und Ortschaften zum Verweilen. So faellt uns die Entscheidung leicht, auf die Weiterfahrt zu den 3 Fingern im Norden Griechenlands zu verzichten und uns stattdessen 2 Wochen in diesem Inselparadies zu goennen. Es ist ausserdem mal wieder Zeit, das Boot durchzuchecken, und so entsteht eine kleine Wartungs- und Reparaturliste, die wir in diesen Tagen brav abarbeiten.

  

In den Sporaden

Hinsichtlich der Koukounaries-Bucht auf Skiathos schreibt Rod Heikell in seinem Buch "griechische Kuesten": "...Hier ueberwintert eine ganze Reihe von Yachten im Wasser. ...". Wir staunen ueber die platzsparende Technik, Yachten einzulagern:

Koukounaries: So sieht ueberwintern im Wasser aus (genau hinsehen!)

Ungeahntes Anglerglueck hat Jutta bei einem Tauchgang: Sie findet ein Knaeuel Plastiktueten, das in unsere Schiffsschraube gewickelt war. Gut dass sie das entfernte, bevor Schaden am Bootsantrieb entstand! Wer weiss wo wir uns die unliebsame Fracht aufgegabelt haben. Vermeiden kann man so was aber kaum, denn anders als beim Autofahren beobachtet man beim Bootfahren die Fahrbahn nicht unentwegt. Nachts ist das ohnehin nicht moeglich und tagsueber steuert oft der Autopilot das Boot, der Navigator kontrolliert nur ab und an ob der Kurs noch stimmt und vergewissert sich dass keine Schiffe auf Kollisionskurs sind.

Plastiktueten aus der Schiffschraube 

 

Verlassene Olivenpresse? Fanden wir auf der Insel Tsoungria

Wir besuchen die Inseln Skiathos, Skopelos und Alonisos. Diese Inseln sind bewohnt und touristisch gut erschlossen, dennoch findet man auch dort noch sehr ruhige Plaetze. Wir besuchen "im Vorbeifahren" auch die kleine Badeinsel Tsoungria. Besonders gefallen uns aber die Tage und Naechte auf den Inseln Peristera und Pelagonisi (beide so gut wie nicht bewohnt). Wir leben dort einige Tage von unseren Bordvorraeten und kehren erst wieder in die Zivilisation zurueck, als die Sehnsucht nach einem Minimarkt zu gross wird.

 

Wrack vor Peristera                                    Ziegenpferch am Wasser (Pelagonisi)

Vom 10.-24.07.2009 sind meine Freunde Matze und Christian Gast auf unserem Boot. In dieser Zeit durchqueren wir die Ägäis von West nach Ost, fahren von den Sporaden (Skiathos, Alonissos) über die mitten in der Ägäis liegenden Inseln Skyros und Psara sowie Chios und Ikaria zu den vor der türkischen Küste liegenden Dodekanes. Dort besuchen wir Fourni, Arki, Leros, Kalymnos und Kos.

 

Willkommensdrink in Glossa                        Fischen im Trüben: Schlauchstück vermisst

Der Meltemi weht während dieser Zeit fast durchgehend mit nordwestlichen Winden zwischen 5 und 7 Bft. In angrenzenden Seegebieten warnt Radio Olympia vor Sturm (8 Bft.). Die Windrichtung paßt bestens zu unserer Fahrtrichtung, der Motor hat Pause, die Segel ziehen uns fast jeden Tag in Rauschefahrt zum Tagesziel. Wir erleben in diesen 2 Wochen rund 250 Seemeilen feinstes Meltemisegeln. 

 

Meltemi-Segeln bedarf Vorbereitungen        Meltemi-Bergab-Segeln macht Spaß

Oft bleibt das Großsegel unter der Persenning, die Genua oder manchmal auch nur die Fock genügen für reichlich Fahrt. Das ist "Bergab-Fahren" pur. Einmal aber ist mir der Hügel dann doch zu steil. Auf Psara erklaere ich uns daher fuer "eingeweht": Ein Tag Zwangspause also wegen Starkwind. Der örtliche Wirt hatte meine Entscheidung durch entsprechende Warnungen beeinflusst. So bleibt uns ein ruhiger Tag im Hafen und dem Wirt weitere Einnahmen an diesem Tag aus unserer Bordkasse.

Skyros, eine Insel fernab des Touristenrummels

Einsame Badebucht: Ormos Renes an der Suedspitze von Skyros

...und nochmal Ormos Renes

In diesen Tagen des Meltemis hören wir täglich bis zu drei mal Wetterbericht. Wir wollen vermeiden, auf See unangenehm überrascht zu werden. Wir wählen unsere Häfen oder Ankerbuchten besonders sorgfältig aus, da nicht jeder Hafen sicher bei Meltemi ist. Trotz gewissenhafter Planung hält nicht jeder Hafen, was wir uns davon versprechen. Auf Alonissos (Votsi-Bucht) bewache ich ab drei Uhr in der Früh unseren Anker, da wir beginnen, langsam durch das Hafenbecken zu driften. Um 6 Uhr in der Früh sind wir kurz vor den Felsen angekommen, ich wecke meine Mitsegler und wir verlassen den Hafen. Ein ähnliches Spiel wiederholt sich auf Leros (Pandeli-Bucht). Auch Mastichari auf Kos beschert uns durch Schwell im Hafen eine unruhige Nacht. Umso mehr geniesse ich die wirklich Meltemi-sicheren Häfen wie Arki (Port Augusta) oder Psara und genehmige mir dort zum Ausgleich für die unruhigen Nächte meist eine extra Mütze voll Schlaf.

 

unfitte Hafenmole auf Ikaria                        maessig fitte Crew bei Meltemi

Zwischen Chios und Ikaria lege ich mich tagsüber für zwei Stunden in meiner Achterkajüte zur Ruhe. Und verpenne leider einen 1A-Auftritt einer Delfinschule. Christian gelingen aber sehr gute Aufnahmen des beeindruckenden Spiels der Delfine an unserem Bug.

Am 24.07.2009 brechen unsere Freunde Matze und Christian bereits um 5 Uhr in der Frueh auf, um nach Deutschland zurueck zu reisen. Zwei schoene Wochen mit herrlichen Segeltagen sind schnell vergangen! Jutta und ich fluechten aus dem uns ungeliebten Hafen Mastichari (Kos) ebenfalls sehr zeitig und genehmigen uns eine Nacht auf der kleinen Insel Pserimos, bevor wir am naechsten Tag wieder auf die Insel Kos zurueck kehren, diesmal dann zum Hauptort der Insel. Pserimos ist ein Phaenomen: Am Vormittag und am Nachmittag spucken Ausflugsboote Hundertschaften von Touris auf die kleine Insel. Wie Treibgut liegen die Menschen fuer eine Stunde am Strand oder sitzen in den kleinen Tavernen, bevor das Schiffshorn die Leute zur Weiterfahrt ruft. Fuer die Touris beginnt dann der naechste Programmpunkt des Tagesausflugs. Fuer die Inselbevoelkerung und fuer uns beginnt dann stattdessen Ruhe und Entspannung. Wir wandern ueber die Insel und geniessen die Abendstunden in dem nun wieder beschaulichen Doerfchen.

 

Hafenbucht Pserimos                                 Heulieferung fuer die Ziegen auf Pserimos

Am 25.07.2009 goennen Jutta und ich uns einen komfortablen Tag in der Marina Kos, leisten uns die Annehmlichkeit elektrischen Stroms, warmer Duschen und frisch gewaschener Kleidung. Gegen Mitternacht liefert das Flugzeug unsere beiden Freunde Bitzn und Fufi in Kos an. Beide treffen mit vornehmer deutscher Blaesse ein, wir sind uns aber sicher, dass sich die Hautfarbe in den naechsten 2 Wochen, die sie uns begleiten werden, noch aendern wird. 

Im Nachtleben von Kos schliessen wir Bekanntschaft mit einem Schulbuerschchen aus Trondheim und lernen, dass in Norwegen eine Fuenf in Deutsch eine gute Note ist, dass man nicht "Prost" sondern "zum Prost" sagt und wenn man den Eindruck bekommt, dass einem die Aufmerksamkeit des Publikums nicht ganz sicher ist, dann steht man auf und ruft so lange "Hoeren Sie!", bis wirklich alle hoeren. Ist ja ein Wissen, das man als Skipper durchaus auch ab und zu brauchen kann.

Unsere Gaeste Bitzn und Fufi gewoehnen sich in ihrer ersten Nacht an Bord schnell an den vorhandenen (bzw. nicht vorhandenen) Komfort. Klugerweise hatte ich die Lage an Bord abschreckender beschrieben als sie tatsaechlich ist. Vor allem der lang gewachsene Fufi freut sich, dass er sich ausstrecken kann, auch wenn die Fuesse dabei ueber die Koje hinausschauen.

 

Die lustigen Bleichgesichter Fufi und Bitzn     Langer Mensch in kurzer Seemannskoje

Vom 26.-28.07.2009 bleiben wir auf der Vulkaninsel Nisiros. Wir nehmen uns einen Leihwagen, besichtigen den Vulkan sowie die Doerfer Nikia und Emporio, beide hoch oben am Kraterrand gelegen. Als wir in den Vulkankrater hinabsteigen, wird es Jutta zu unheimlich und sie zieht es vor, ausserhalb des Kraters auf uns zu warten. Vielleicht wollte sie aber auch den intensiven Schwefelduft nicht allzu lange geniessen.

 

Insel Nisiros: Vulkankrater mit Schwefelduft   Insel Nisiros: Geisterdorf Emporio

Das Dorf Emporio hat sich seit meinem letzten Besuch vor 5 Jahren kaum veraendert. Immer noch praegen verfallene Haeuser und gerade im Verfall befindliche Haeuser das Dorfbild. Dazwischen immer mal wieder ein bewohntes Haus, eine in den Berg gehauene Natursauna sowie zwei Tavernen. Angeblich haben die meisten Bewohner den Ort aufgrund Wassermangels verlassen. Vielleicht war manchem aber auch der Vulkan nicht mehr geheuer, der Ende des 19. Jahrhunderts letztmals ausbrach.

Am Boot kann ich endlich eine lange faellige Arbeit durchfuehren: Zusammen mit Fufi wechsle ich die Hydraulikfluessigkeit der Steueranlage. Bitzn hatte mir 2 Liter des Oels von der BayWa mitgebracht, nachdem ich seit Wochen in Griechenland keines auftreiben konnte.

Am 28.07.2009 habe ich Anlass, mich darueber zu freuen, dass mein Boot kleiner ist als die meisten anderen Yachten (solche Anlaesse sind selten!). Wir sind naemlich weiter nach Sueden nach Tilos gesegelt und sehen am Hafen, wie die Hafenmeisterin die vor uns ankommenden Yachten wieder wegschickt und Ihnen bedeutet, dass sie sich einen Ankerplatz vor dem Hafen suchen moegen. Uns dagegen laesst Sie in den Hafen hinein, da sie erkennt, dass unser vergleichsweise kleines Boot genau in die noch uebrige kleine Luecke im Hafen passt. Damit erfahren wir im Gegensatz zu den Ankerliegern die Annehmlichkeit, eine schaukelfreie Nacht erleben zu duerfen, uns um den Halt unseres Ankers nicht graemen zu muessen und vor allem an Land gehen zu koennen, ohne sich dabei erst eine nasse Hose im Schlauchboot zu holen.

 

Fufi bringt uns nach Tilos                             Wie die Griechen: Wuerfeln in der Taverne

Am 29.07.2009 besuchen wir einen Ort von besonderer Bedeutung fuer mich: Die Insel Alimnia. Zum einen ist diese Insel der oestlichste Punkt meiner Segelreise, ab hier gehts gefuehlt also wieder "zurueck nach Hause". Zum anderen besuchte ich diese unbewohnte Insel bereits vor 5 Jahren, mich beeindruckte damals, dass man diese landschaftlich sehr schoene Insel mit ihren geheimnisvollen Ruinen sich selbst ueberlaesst. Nun kehre ich zurueck, um mehr ueber die Geschichte dieser Insel herauszufinden. 

 

Alimnia: Oestlichster Punkt meiner Reise      Hausruinen auf Alimnia

Der Grund, weshalb diese Insel verlassen wurde, scheint derselbe wie in Emporio zu sein: Wassermangel. Ich entdecke einige Zisternen, in denen frueher wahrscheinlich Regenwasser im Winter gesammelt wurde um es im Sommer aufzubrauchen. Und ich entdecke Relikte aus dem zweiten Weltkrieg: Offenbar haben die Deutschen sich diese Insel als einen Stuetzpunkt fuer ihre Mittelmeerflotte herausgesucht, da die Insel ueber eine sehr sichere, grosse und ausreichend tiefe Ankerbucht verfuegt. Ich zaehle rund 10 teilweise verfallene militaerische Bauwerke. Manche moegen fuer die Unterbringung der Soldaten genutzt worden sein, manche waren Abwehrstellungen. In einer der Unterkuenfte kann ich Wandzeichnungen von deutschen Soldaten finden. Die Zeichnungen handeln allesamt vom Heimweh oder wenigstens davon, wie man sich das Leben in der Fremde ertraeglich machte. Urlaubsstimmung hatte damals verstaendlicherweise wohl niemand.

Wandzeichnung aus dem 2. Weltkrieg aus einer Baracke auf Alimnia

Die Moral in der Truppe war wohl schon gebroeckelt, als der Zeichner den Stift schwang

Die Geschichte der Deutschen auf Alimnia endet nach meinen Internetrecherchen wenig ruhmreich. Man richtete nach diversen Berichten nach einem "Spionageakt" mehrere englische Soldaten hin sowie deren griechische Helfer. Das Todesurteil unterschrieb wohl der spaetere UNO-Generalsekretaer und Praesident Oesterreichs Kurt Waldheim...

Meiner Ansicht nach sollte die Geschichte der Insel Alimnia allen Menschen zugaenglich gemacht werden. Hierzu ist ein kleiner Hafen noetig, um Besucher vom nahe gelegenen Rhodos nach Alimnia bringen zu koennen. Die vorhandenen Relikte muessten vom achtlos weggeworfenen Zivilisationsmuell gesaeubert werden, so dass die Gebaeude besichtigt werden koennen. Letztlich muesste die Geschichte der Insel verstaendlich niedergeschrieben und erklaert werden. Vom "sollte" und "muesste" allein geht nur meistens leider nix voran. Daher: Sofern mich keine andere wichtige Aufgabe in Deutschland erwartet, werde eben ich mich um das Projekt Alimnia kuemmern.

Ab 30.07.2009 verbringen wir zwei Naechte auf der westlichen Nachbarinsel von Alimnia, auf Chalki (oder Khalki? oder Halki?). Die erste Nacht davon freiwillig. Nicht dass es nur dort nicht gefallen haette, denn das Hafendorf auf Chalki hat wunderbare Baeume, unter denen man im kuehlen Schatten sitzen kann. Nein, wir wollten einfach nur unseren Toern fortsetzen in Richtung Suedwesten nach Karpathos. Leider will das Wetter unsere Fahrt nicht unterstuetzen. Wir haben maechtig Welle von vorne, dazu sich stetig aufbauender Wind. Fuer den weiteren Tag sind 7 Bft. angesagt (noch weiter im Sueden bis zu 8 Bft.). Um 8 Uhr in der Fruehe hatten wir abgelegt, gegen halb 10 holt sich die Seekrankheit ihr erstes Opfer: Jutta. Ich beende die Fahrt gegen die Welle, steuere zum Hafen zurueck, bevor sich die Seekrankheit weitere Opfer sucht. Kurz nach 11 Uhr sitzen wir wieder unter den schattigen Baeumen...

 

die Insel Chalki                                           Mega-in?: Sonnenbrand mit Muster

Den Nachmittag verbringen wir dann am Strand liegend in der Nachbarbucht. Deutlich bestaetigt sich nun bereits unsere Vermutung vom ersten Tag mit unseren Bleichgesichtern: Die Sonne hinterlaesst Spuren. Erstmal natuerlich in rot, deutlich sichtbar an den nicht eingecremten Stellen am Ruecken. Haben wir einen Trend verpasst? Haben eingebrannte stylische Muster das gute alte Arschgeweih abgeloest?

Am 01.08.2009 versuchen wir nochmal unser Glueck in Richtung Karpathos. Und haben Erfolg. Zwar bekommen wir an den steilen Kuesten von Karpathos von deftigsten Fallwinden (rund 80 km/h) ordentlich eins uebergebuegelt, muessen zudem unseren anvisierten Hafen Diafani aufgrund Mangel an geeigneten Festmachemoeglichkeiten wieder verlassen um weitere drei Stunden an der Steilkueste von Karpathos entlangzusegeln, erreichen aber umso gluecklicher (und erschoepft) nach knapp 12 Stunden und 50 Seemeilen Fahrt den Haupthafen der Insel: Pigadia.

  

Bitzn bringt uns sicher nach Karpathos.       Endlich da! Dann schmeckt sogar Wasser!

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gute Seemannschaft © 2009

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